Währungsreform (Vorbereitung)

Der Artikel gleichen Inhalts ist erschienen im Smart Investor - Das Magazin für den kritischen Anleger
Ausgabe Mai 2020/ S. 18-23
Politik & Gesellschaft

Vermögensabgaben ante portas?

Über das kommende Lastenausgleichsgesetz und was wir aus der Vergangenheit erfahren können

(Gastbeitrag von Volker Nied)

Im Nachhinein erhalten Sie eine kurze Leseprobe zum Kapitelinhalt im Buch:

Smart Investor

Deutschland und die Welt stehen unter Schock wegen der derzeitigen Corona-Pandemie. Die Bundesregierung hat Hilfsprogramme von ca. 1,2 Bio. EUR durch Kreditneuaufnahmen aufgelegt. Vor diesem Hintergrund fordern namhafte Politiker einen Lastenausgleich. SPD-Parteichefin Saskia Esken meint: „Wir werden eine faire Lastenverteilung brauchen – und die kann für die SPD nur so aussehen, dass sich die starken Schultern in Deutschland auch stark beteiligen.“ Weiter hält Frau Esken eine einmalige Vermögensabgabe für eine der Möglichkeiten, die Staatsfinanzen nach der Krise „wieder in Ordnung zu bringen“. In Artikel 106 des Grundgesetzes sei ausdrücklich von „einmaligen Vermögensabgaben“ die Rede, ohne dass diese jedoch näher definiert wären. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) fordert in einem Interview mit der Rheinischen Post (2.4.2020) wegen der Corona-Krise einen „Lastenausgleich wie nach dem Zweiten Weltkrieg“. Milliardäre sollten mit einer Abgabe bis zu 8% belegt werden. Eine zeitliche Streckung wie nach dem Krieg müsse es nicht geben. Wichtig sei, dass das Vermögen und nicht das Einkommen die Basis sei. Vor der Behandlung der von den Politikern geforderten Sonderabgaben soll zunächst der Lastenausgleich der Nachkriegsjahre erläutert werden.

Ziele des Lastenausgleichsgesetzes von 1952

Das Lastenausgleichsgesetz (LAG) wurde 1952 von der damaligen Bundesregierung beschlossen, nachdem im Jahre 1948 eine Währungsreform durchgeführt worden war. Dabei wurden alle Reichsmarkbestände – Banknoten, Bankguthaben, Anleihen, Verträge etc. – in die Deutsche Mark umgewandelt; dabei kam es zu einem Währungsschnitt von durchschnittlich eins zu zehn. Sachvermögen waren jedoch nicht von der Währungsreform betroffen. Deshalb wurden mittels des LAG die Sachvermögen und sonstigen Vermögenswerte mit einer außerordentlichen Vermögensabgabe von 50% des Werts belegt (Lastenausgleich). Ein weiteres Ziel bestand darin, die „Gewinner“ der Währungsreform mit Sonderabgaben zu belegen: Denn Schuldner hatten nach besagtem Währungsschnitt plötzlich um 90% reduzierte Verbindlichkeiten. Deshalb wurden den Schuldnern Kredit- und Hypothekengewinnabgaben in Höhe von 50% auferlegt.

Lastenausgleich (auf Vermögen)

Die Basis für den Lastenausgleich war damals die von den Bürgern abzugebende Vermögenserklärung; das jeweilig zuständige Finanzamt führte ihn durch. Für Privatpersonen lag die Vermögensabgabe (Lastenausgleich) immer bei 50% der jeweiligen Vermögenswerte. Alle Vermögenspositionen wurden dem Lastenausgleich unterworfen: Häuser, Aktien, Kunstgegenstände, Geldwerte, sonstige Rechte (alle immateriellen Werte) etc. Die Sonderabgabe war in monatlichen Raten über 30 Jahre zu begleichen. Insofern die Vermögensabgabe nicht in einer Summe gezahlt wurde, war der gestundete Betrag zu verzinsen. Für den Lastenausgleich auf Wohngebäude und Gebäude bzw. Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft galten deutlich niedrigere Zinssätze. Auf Grundstücke (Häuser) wurde eine Zwangshypothek eingetragen. Der jeweils gewährte Freibetrag lag bei 5.000 DM pro Person. Mit dem LAG wurde zugleich eine Vermögensteuer eingeführt (Steuersatz: 1%). Betriebe bzw. Unternehmen hatten die gleichen Prozentsätze für die Vermögensabgaben zu begleichen. Die entscheidende und strittige Frage lautete, ob diese Vermögensabgaben aus der Substanz oder aus dem Ertrag zu begleichen war. Die damalige Bundesregierung entschied jedoch „unternehmerfreundlich“, also für eine Zahlung aus dem künftigen Ertrag. Die der Tilgung zugrunde liegenden Zinssätze waren unterschiedlich und teils niedriger. Man berücksichtige bei einer Ratenlaufzeit von 30 Jahren den Zinseszinseffekt – bei hohen Zinssätzen führte dies über 30 Jahre zu wesentlich höheren Belastungen in der Gesamtsumme der Zahlungen.

Kreditgewinnabgabe auf Schulden

Durch die Währungsreform von 1948 wurden – wie oben bereits erwähnt – auch die Schulden der Bürger und Unternehmen plötzlich um 90% reduziert. Diese Sondergewinne hat der deutsche Staat mit der Kredit- bzw. Hypothekengewinnabgabe abgeschöpft. Beide betrugen jeweils 50% auf den erzielten Kreditgewinn.

Beispiele für Lastenausgleichs- und Hypothekengewinnabgabe

Das LAG von 1952 ist heute in seiner ursprünglichen Form offiziell nicht mehr erhältlich. Im Handel befindliche Nachdrucke sowie die Internetseite des Bundesjustizministerium enthalten nicht die wesentlichen §§ 19 bis 227. Die von der Veröffentlichung gesperrten Paragrafen beziehen sich aber auf die Kernpunkte des LAG, nämlich die gesamte Struktur sowie die wichtigen Belastungen und Handhabungen. Anmerkung: Der Kommentar zum Lastenausgleichsgesetz von 1952 wurde als „Reprint“ wieder neu aufgelegt und kann über die Website www.lastenausgleichsgesetz.de bestellt werden.

Resümee

Lastenausgleichsgesetz

Mit der Währungsreform von 1948 hat sich der Deutsche Staat elegant der (unbezahlbaren) Schulden (90%) aus dem Dritten Reich entledigt. Mit dem anschließenden Lastenausgleich wurde für den Staat bedeutende finanzielle Mittel eingespielt – und zwar über 30 Jahre lang. Ein Teil davon wurde für die Ostvertriebenen eingesetzt. Ein sicherlich erwünschter Nebeneffekt: Mit den Zwangshypotheken auf die Häuser bzw. Grundstücke und dem damit verbundenen Cashflow aus den Zwangsabgaben war Deutschland auf dem internationalen Kreditmarkt wieder kreditwürdig – trotz des verlorenen Krieges.

Künftiger Lastenausgleich

Szenario I: „Corona-Lastenausgleich“

Szenario II: „Staatsbankrotte, Zusammenbruch des Finanzsystems und des Euro oder US-Dollar“

Drei Kernfragen für Deutschland

  1. Wie werden ein Schuldenschnitt bzw. eine Währungsreform aussehen?
  2. In welcher Form wird ein Lastenausgleich durchgeführt werden?
  3. Wird es eine (weltweite) große Wirtschaftsdepression geben?

Dimension eines künftigen Währungsschnitts und Lastenausgleichs

Unterschiede zwischen 1948 und einer künftigen Währungsreform

Kalkulationsbeispiele zum Lastenausgleich